Stellungnahme


Wir sehen als Bürgerinitiative die massiven Herausforderungen unserer Zeit. Die Energiewende und der Schutz der Natur sind beide dringend. Wir müssen handeln und das schnell. Aber wir sollten es mit Umsicht tun und uns gut überlegen, welche Flächen für Solar und Windkraft sinnvoll und geeignet sind. Ist ein Wald einmal abgeholzt, Flächen für die Industrie freigegeben, verändert das unsere Region auf sehr lange Zeit. Wir wollen aktiv an der Zukunft für Barnim und Märkisch-Oderland mitwirken und sind an einer Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren interessiert. Die Abholzung des Waldes in Hohensaaten ist in unseren Augen kein probates Mittel, dem Klimawandel entgegenzuwirken, sondern würde ganz im Gegenteil zur Verschlechterung des Lokalklimas beitragen. Abgesehen davon handelt es sich um ein intaktes, schützenswertes Ökosystem, das so einzigartig für die Region ist.

Jürgen Lindhorst betitelt den Wald abwertend als „militärischen Dreckshaufen“ und „Schrottwald“. Er sträubt sich gegen die Bezeichnung „Wald“, spricht lieber von „militärischer Konversionsfläche“ und betont den großen Anteil versiegelter Flächen. Diese Behauptung erweckt einen völlig falschen Eindruck. Jeder kann auf Satellitenbildern im Internet sehen, dass das ganze Areal ein riesiger Wald ist und die versiegelten Flächen längst von der Natur zurückerobert wurden. Dieser Wald ist im Übrigen mittlerweile weit entfernt von einer Kiefern-Monokultur. Laut einem ehemaligen Förster sind über 30 weitere Baumarten erfasst, z.B. drei Eichenarten, drei Ahornarten, Winter- und Sommerlinde, Rot- und Hainbuche, Lärche und Ulme. Wegen des hohen ökologischen Wertes des Waldgebietes lehnen auch Umweltverbände das Lindhorst-Projekt ab. Die Naturstiftung David schreibt, dass dieser Wald bereits Kandidat für den Schutzflächenstatus „Nationales Naturerbe“ war. Daraus wurde dann nichts, weil die Fläche zwischenzeitlich privatisiert wurde. Es hat gute Gründe, dass gerade in diesem Wald ausgesprochen viele und besonders geschützte Arten wie Uhu, Seeadler, Schwarzstorch, Fledermäuse, Reptilien, Amphibien und Insekten leben. Jahrzehnte der Umzäunung und nur minimale forstwirtschaftliche Eingriffe haben einen naturnahen Wald mit einem stabilen Ökosystem entstehen lassen, welches in der Lage sein wird, die Folgen des Klimawandels besser zu bewältigen, als manch ein bewirtschafteter Forst.

Die von Lindhorst als „versiegelt“ bezeichneten Flächen sind tatsächlich überwiegend wertvolle Lebensräume. Zum Beispiel dienen Bunker und Schächte als Quartiere für Fledermausarten, die es so in anderen Wäldern kaum gibt. Die Natur findet Wege mit Barrieren umzugehen – Wurzeln durchbrechen Beton, Verwitterung zermürbt selbst feste Strukturen und im ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen bilden sich neue fruchtbare Bodenschichten selbst auf unsprengbaren Betonfundamenten.
Für das Überleben von selten gewordenen Arten ist der Wald ein wichtiges Bindeglied im Biotopverbund der gesamten Region. Nicht umsonst empfahl ein Vorbesitzer dem Bürgermeister und den Stadtverordneten von Bad Freienwalde: „Jeder Ihrer Entscheidungsträger sollte den Wald einmal für 24 Stunden erleben und erfahren“. Der ehemals dort zuständige Förster sagte „Was jetzt geplant ist, ist ein Vergehen an der Natur.“ Er warnt davor, dass die laut Lindhorst-Planung verbleibenden Waldflächen, meist als dünne Streifen, Stürmen und Insektenkalamitäten nicht standhalten würden.
Auch erschließt sich uns nicht, warum man einen bestehenden Wald abholzen will, um dann an andere Stelle wieder neue Bäume als Ausgleichsmaßnahme anpflanzen zu müssen.

Lindhorsts Betonung der gefährlichen Altlasten ist unseres Erachtens irreführend. Es gibt dort zwar Altlasten in Form von Beton, Metall und Gebäuden. Aber für Risiken durch chemische Altlasten gibt es bisher keine Belege. Eine große Havariefläche wurde bereits vor vielen Jahren aufwendig saniert. Sogar auf einer Lindhorst-Website steht, dass es „keine akuten Umweltgefahren“ gibt und dass es bereits eine flächenhafte Suche nach Kampfmitteln gab. Das wurde uns auch von mehreren anderen Stellen bestätigt. Wir vermuten eher, dass, wie bereits seit den 90er Jahren, lediglich kontinuierliche Untersuchungen stattfinden werden.

Vielen Bürgerfragen weicht Lindhorst aus. Beispielsweise bleibt er konkrete Informationen zu Kühlung und Wasserverbrauch des geplanten Rechenzentrums schuldig. Er spricht davon, Regenwasser für die Kühlung und die Abwärme für Gewächshäuser zu nutzen. Aber was soll im Sommer mit der Abwärme in den Gewächshäusern angefangen werden und wie soll mit den geringen Niederschlägen in unserer Region ausreichend gekühlt werden? Auf solche Fragen konnte oder wollte Herr Lindhorst auf der Informationsveranstaltung am 23.6.22 nicht antworten. Verdächtig oft benutzt er das Wort „möglichst“. Es ist zu befürchten, dass, wie bei Tesla, einiges klein- und schöngeredet wird und die Realität am Ende dann leider anders aussieht. Die Erfahrungen bei anderen Lindhorst-Projekten (Hohe Schrecke, Pflegecampus Minden, Solarpark Bantikow, Solarpark Frankenfelde) haben gezeigt, dass diese Befürchtungen durchaus berechtigt sind und auch im Hohensaatener Wald häufen sich seltsame Vorfälle. So hat z.B. eine fachkundige Person ungenehmigte Rodungen in unmittelbarer Nähe eines Seeadlerhorstes mitten in der Brutzeit beobachtet. Anwohner*innen berichten von andauernden Fällarbeiten. Die untere Forstbehörde hat mittlerweile wegen illegalen Rodungen auf 12,7 Hektar zwei Verfahren gegen die Lindhorst Gruppe eröffnet.

In Zeiten des Klimawandels und zunehmend heißeren und trockeneren Sommern kommt dem Wald zudem eine besondere Aufgabe zu. Durch die Wasserverdunstung der Bäume übernimmt er einen Abkühlungseffekt für das schon jetzt trockene und warme Lokalklima. Wird der Wald abgeholzt und auf den Flächen der geplante Solarpark errichtet, fällt nicht nur der Abkühlungseffekt weg, sondern die dunklen Solarpanele und möglicherweise das Rechenzentrum würden zu einer zusätzlichen Erwärmung des Lokalklimas führen.

Herr Lindhorst versucht geschickt im Interview und auch bei der Informationsveranstaltung, seine Ideen zu verkaufen und kann dank seiner Finanzkraft genug Partner auffahren, die seine Positionen untermauern. Die nach außen dargestellte ökologische Gesinnung und die notwendige Energiewende sind für ihn probate Mittel, um sein Projekt voranzutreiben und ihm einen grünen Anstrich zu geben. Der massive Widerstand aus der Bevölkerung und auch Kritik aus der Wissenschaft zeigen für uns aber eindeutig, dass es noch eine ganz andere Perspektive auf den Wald, seine Bedeutung und zukünftige Nutzung gibt.

Im Bereich des Naturtourismus bietet die gesamte Region mit ihren zahlreichen Schutzgebieten (Biosphärenreservat, Nationalpark und auf polnischer Seite Naturreservate) und großen zusammenhängenden Waldgebieten, samt dem für Deutschland einzigartigen Flusssystem der Oder, schon jetzt viele dauerhafte Erwerbsmöglichkeiten (nicht nur für Fachkräfte).

Wir hoffen die Stadtverordneten von Bad Freienwalde geben diesen Meinungen und Perspektiven eine echte Chance, gehört zu werden. Denn am Ende sind es leider nicht die betroffenen Hohensaatener*innen, Oderberger*innen oder Hohenwutzener*innen, sondern die Stadtverordneten von Bad Freienwalde, die über die Genehmigung des Projekts abstimmen. Die Lindhorst-Gruppe verfolgt ihre persönlichen, wirtschaftlichen Interessen. Die Stadtverordneten aber sollten im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger handeln und diesen Auftrag ernst nehmen. Es geht um die Gestaltung lebenswerter Zukunft. Leider war die Bereitschaft, hier mit uns als Bürgerinitiative in den Austausch zu gehen bisher nicht besonders groß.

Klimaschutzargumente sollten nicht für die Rodung eines großen Waldes missbraucht werden. Der Wald als „Grüne Lunge“ ist durch Kohlenstoffspeicherung und die Verdunstung von Wasser selbst Klimaschützer und gleichzeitig unersetzbarer Lebensraum. Die Energiewende ist wichtig! Aber bitte eine mit Weitsicht, die Bedürfnisse von Mensch und Natur vor Ort berücksichtigt.

29. Juni 2022