Parallelen des Sperrgebietes Hohensaaten zu dem Grünen Wall im Westen


Überreste von Militäranlagen als wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen

Was ist der Grüne Wall im Westen?

An der westlichen Grenze Deutschlands, auf der ehemaligen Reichsgrenze, wurden 1936-1940 mit dem Westwall auf 630 km Länge eine Befestigungslinie der Deutschen Armee mit ca. 21.000 fertigen bzw. halbfertigen Bunkern und anderen Betonbauwerken, sowie zahlreichen Panzersperren aus Beton errichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese größtenteils durch die Alliierten gesprengt. Später ging der Abbruch der Anlagen aufgrund der Verkehrssicherungspflicht weiter. Meist wurden sie zur Verkehrssicherung und Gefahrenabwehr übererdet oder einplaniert.

Bunkerruinen am Grünen Wall im Westen. Diese Fotos hätten auch auf dem Gelände der ehemaligen Sprengchemie entstehen können. (Quelle: http://gwiw.bund-rlp.de/presse/pressefotos)

Auch in der jüngeren Vergangenheit sind immer wieder Bunkerruinen beseitigt worden. Heute setzt sich der BUND für den Erhalt der verbliebenen Reste der Bunkeranlagen ein, denn mit jedem zerstörten Bunker gehen wertvolle Lebensräume verloren und die biologische Vielfalt wird verringert. In Rheinland-Pfalz wurde der Abriss der Bunkeranlagen im Jahr 2004 sogar durch einen Runderlass gestoppt (allerdings vorrangig aus Denkmalschutzgründen).

Was macht Bunkerruinen so besonders aus Natur- und Artenschutzsicht?

„Die Besonderheit der Bunkerruinen ist die Bereitstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume auf kleinster Fläche. Mit einem Wechsel von kleinen trockenen und feuchten Hohlräumen, schattigen Spalten, schrägen sonnigen Wänden und kleinen Wasseransammlungen haben sie einen hohen ökologischen Wert. Sie bieten Schutz, Nahrung und Fortpflanzungsmöglichkeiten für eine Reihe von Insekten, Reptilien, Vögeln und Kleinsäugern. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Zerstörungsgrade der Bunker ist heute jede Ruine ein Unikat und hat ihre individuellen Strukturen und Klimabedingungen. Besonders teilweise und stark gesprengte Bunker haben wegen ihrer hohen Strukturvielfalt und Standortdiversität ein hohes naturschutzfachliches Potenzial. In diesen Bunkerruinen findet man häufiger wildlebende Tiere als in vollständig erhaltenen, übererdeten oder zertrümmerten Bunkern. Mit ihren unterschiedlichen Baumarten, Wuchsformen und dem Vorhandensein von Totholz weisen die Bunkerruinen vor allem im Vergleich zu ihrem Umland eine sehr hohe Strukturdiversität auf. Sie gleichen den Mangel an natürlichen Höhlen aus und bieten Schutz. Durch diese Diversität treten in den Bunkerruinen beispielsweise besser geeignete Strukturen für Wildtiere auf, als in den strukturarmen Wäldern der Umgebung.“

Quelle: http://gwiw.bund-rlp.de/naturschutz/strukturvielfalt/

Im Grünen Wall konnte mittlerweile nachgewiesen werden, dass im Winterhalbjahr die Bunkeranlagen durch Wildkatze, Dachs, Fuchs, Marder und verschiedene Fledermausarten genutzt werden. Anlagen, die vor schlechten Witterungseinflüssen geschützte, trockene Hohlräume bieten, sind besonders beliebt. Es konnte bewiesen werden, dass für Fledermäuse praktisch jede Bunkeranlage als Quartier geeignet ist, wenn sie frostfreie Hohlräume und Spalten aufweist. Ein Fazit der Studie1 von Dr. Mathias Hermann et al. 12/2005 ist, dass Wildtiere in den Bunkeranlagen signifikant mehr und besser geeignete Strukturen vorfinden als in den sie umgebenden Wäldern.
Durch die verschieden Standortfaktoren gibt es erstaunlich vielfältige Vegetationen und Pflanzengesellschaften auf kleinstem Raum: Feuchtgebiete neben Trockenrasen, Magerweiden neben nährstoffreichen Böden, viele kalkliebenden Pflanzenarten, die an zementhaltigen und oberflächig basisch wirkenden Betonteilen siedeln können.

In dieser Studie wurden Bunkeranlagen im Wald untersucht, also können wir davon ausgehen, dass viele dieser Ergebnisse der Studie auch auf die Bunkeranlagen im Hohensaatener Wald übertragbar sind.

Wie können Verkehrssicherungsmaßnahmen an Bunkeranlagen unter Berücksichtigung ihres ausserordentlichen naturschutzfachlichen Potenzials gemacht werden?

Dazu hat der BUND eine Broschüre herausgegeben mit dem Titel „Zum Umgang mit den Westwallanlagen – Beispielhafte Verkehrssicherungsmaßnahmen aus Sicht des Natur- und Denkmalschutzes am „Grünen Wall im Westen“ in Rheinland-Pfalz“.
Einfriedungen durch Holzzäune, Anerdungen, metallene Schachtabdeckungen, Entfernung von Moniereisen und Warnschilder sind alles geeignete Mittel um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und Gefahren zu minimieren, ohne die gesamte Fläche „wegschieben und einebnen“ zu müssen.

Ausführliche Informationen zum Grünen Wall im Westen sind hier zu finden:
https://www.bund-rlp.de/themen/mensch-natur/gruener-wall-im-westen/

Herr Lindhorst möchte durch die Erschliessung (womit eine Rodung des Waldes einhergeht) des Areals die ausgehenden Gefahren massiv reduzieren. Es stellt sich die Frage welche Gefahren er meint, die nicht auch mit den oben genannten Maßnahmen eingedämmt werden könnten.

Dieser Wald mit all seinen speziellen und in unserer Region einzigartigen Strukturelementen sollte erhalten bleiben und nicht eingetauscht werden gegen zehntausende Solarpanele, unter denen lediglich Trockenrasen wächst, sowie versiegelte Gewerbe- und Industrieflächen.

Denkmalschutz durch Naturschutz!

Die Bunker und Bunkerruinen aus der Zeit des 2. Weltkrieges, die NVA-Bahnanlage sowie die Reste der Tankanlage aus der DDR-Zeit sollten als historische Denkmäler und besondere Lebensräume für etliche Tiere und Pflanzen erhalten bleiben für unsere Nachwelt.
Damit könnte Herr Lindhorst einen wesentlichen Beitrag leisten zum historischen Erbe unserer Region und unserer Vergangenheit und zugleich seine (von ihm beteuerte) Zuneigung zum Naturschutz und Artenschutz untermauern.


1 Dr. Mathias Herrmann, Manfred Trinzen, Ingrid Büttner, Markus Thies & Lothar Bach, (2005): Nutzung für Arten- und Biotopschutzzwecke umgestalteter ehemaliger Westwallbunker insbesondere durch wild lebende Säugetiere in Rheinland-Pfalz, Schlussbericht Dezember 2005, ÖKO-LOG Freilandforschung