Wälder sind unentbehrlich im Kampf gegen Klimawandelfolgen


von Dr. Robert Bierkandt

Der Ausbau von Solarenergie spielt eine wichtige Rolle, um den Klimawandel einzudämmen und die Energieerzeugung unabhängiger zu machen vom Import fossiler Energieträger. Das ist eine große Herausforderung und erfordert eine pragmatische Umsetzung. Allerdings stellt die Rodung von Waldflächen für die Errichtung von Solaranlagen langfristig ein nicht zu unterschätzendes systemisches Risiko für die Anpassungsfähigkeit von Gesellschaft und Wirtschaft an den fortschreitenden Klimawandel dar.

Wälder sind durch ihre vielfältigen Dienstleistungen als Wasserspeicher, Wasserfilter, Klima- und Wärmeregulierer unentbehrlich zur Abfederung der negativen Auswirkungen des Klimawandels. Gleichzeitig stehen Wälder selbst unter großem Druck vom Klimawandel und benötigen Unterstützung, um langfristig auf die neuen klimatischen Verhältnisse vorbereitet zu sein.

Klimavorhersagen zeigen, dass das Klima in der Region Berlin-Brandenburg um 2050 dem im mittleren Frankreich und ab 2070 dem der italienischen Adriaküste ähneln kann (Eurac Research, 2021). Das bedeutet mehr and längere Hitzewellen mit immer neuen noch nicht da gewesenen Temperaturrekorden. Schon jetzt stellt Trockenheit eine Herausforderung für Bevölkerung und Wirtschaft dar. Ein geplantes Rechenzentrum in Ostbrandenburg konnte nicht genehmigt werden, weil die Bereitstellung der zukünftig benötigten Wassermenge zur Kühlung vom Wasserverband Straußberg-Erkner nicht sichergestellt werden kann (rbb24, 2021). Schon diesen Sommer hat dieser Wasserverband auch die Begrenzung der täglichen Wassermenge für Neukunden beschlossen und im Barnim gab es teilweise Rasensprengverbote. Andernorts fallen Kraftwerke reihenweise aus, weil die Kühlung oder Anlieferung von Brennstoffen aufgrund niedriger Pegelstände nicht möglich ist. Die Auswirkungen von Hitzewellen betreffen uns alle und enorme Anstrengungen sind nötig, um uns auf die zukünftigen klimatischen Bedingungen einzustellen.

Niedrigwasser der Elbe in Dresden
(Quelle: Philipp Hertzog, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons)

Die Bedeutung von Wäldern wurde bereits auf verschiedenen Ebenen erkannt und spiegelt sich in unterschiedlichen Strategien wider. Der Erhalt und die Stabilisierung von Wäldern ist ein zentrales Ziel der deutschen Waldstrategie 2050 (BMEL, 2021). Auch die Nationale Wasserstrategie betont die immense Bedeutung von Waldökosystemen hinsichtlich ihrer systemischen Dienstleistungen für den Wassersektor und fordert eine klimaangepasste und wasserverträgliche Flächennutzung (BMUV, 2021). Die Errichtung eines Solarparks auf Waldfläche steht auch nicht im Einklang mit der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, welche den Flächenverbrauch, d.h. die Umwandlung von Naturfläche in Siedlungs- und Industriefläche, bis 2030 um 40% auf täglich 30 Hektar senken will (Die Bundesregeriung, 2021).

Auf was müssen wir uns einstellen, wenn wir es nicht schaffen, Wälder und damit den Wassersektor zu stärken? Wie schon jetzt in vielen Teilen Europas geschehen, kann als Folge von Trockenheit die Rationierung von Trinkwasser, Verteuerung von Gießwasser, Abschaltung von kühlungsabhängigen Industrieanlagen erfolgen, als auch die Gefährdung von Industrieansiedlungen. Jedes Infrastrukturprojekt hat die gesellschaftliche Pflicht, die Zukunftsfähigkeit unserer Region durch entsprechende Planung zu sichern. Es ist nicht zu erkennen, wie der geplante Solar- und Industriepark Hohensaaten am momentanen Standort mit den genannten Strategien und Zielen im Einklang steht.

Die genannten Risiken umfassen nur das Offensichtliche. Letztendlich entstehen die Klimarisiken durch das komplexe Zusammenspiel von unterschiedlichsten Faktoren. Das diesjährige Fischsterben in der Oder hat uns gezeigt, dass Natursysteme und damit ihre von uns überlebensnotwendigen Dienstleistungen plötzlich und überraschend kippen können.

Die geplante Entwaldung für einen Solarpark steht nicht nur offensichtlich im Widerspruch zu nationalen und europäischen Strategien, sondern begünstigt Klimarisiken und gefährdet das ökonomische Wachstum in der Region. Wenn ein solches Projekt Modellcharakter gewinnen sollte, ist die Anpassungsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft an die kommenden klimatischen Bedingungen stark gefährdet.


Zum Autor: Dr. Robert Bierkandt ist Physiker und hat von 2012 bis 2016 am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zu wirtschaftlichen Klimawandelrisiken promoviert. Seit 2017 ist er Gutachter für Klimarisiken, u.a. für Landesregierungen, und berät Klimaanpassungsprojekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.


BMEL. (2021). Waldstrategie 2050. Abgerufen am 19. Oktober 2022, von https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Waldstrategie2050.html
BMUV. (2021). Nationale Wasserstrategie. Abgerufen am 19. Oktober 2022, von https://www.bmuv.de/download/nationale-wasserstrategie/
Die Bundesregeriung. (2021). Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Weiterentwicklung 2021.
Eurac Research. (2021). Verschiebung der klimatischen Bedingungen deutscher Städte: Vergangenheit, Gegenwart, Mitte und Ende des Jahrhunderts. Abgerufen von https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2666/bilder/dateien/karte_klimaanaloge_zwei_je_klimaraumtyp_1.png
rbb24. (2021). Google verwirft Pläne für Bau eines Rechenzentrums in Neuenhagen. Abgerufen am 19. Oktober 2022, von https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/wirtschaft/2021/12/google-ostbrandenburg-neuenhagen-wasser-knappheit.html