Erkenntnisse zu den Altlasten


Der Begriff Altlasten lässt aufhorchen. Man denkt sofort an Gifte, Verseuchung, Kontamination und schädliche Umweltverschmutzung – an Substanzen, die im Boden lagern und nur schwer wieder zu entsorgen sind. Auch das Lindhorst-Areal gilt als mit solchen Stoffen belastet, hat es doch eine wechselvolle Geschichte als militärischer Standort für die Produktion von Sprengstoffen und als Tanklager.

In der Bevölkerung kursieren diverse Gerüchte von Tiefbunkern, kontaminierten Böden, Räumen voller Sprengstoff… Da das Gebiet seit Jahrzehnten umzäunt ist und nicht betreten werden darf, halten sich einige dieser Gerüchte bis heute. Die Fläche hat daher ein schlechtes Image. Sie gehört, nach der Meinung vieler Menschen und sicher auch einiger Stadtverordneter, aufgeräumt, sei ein ewiger Schandfleck und ein Problem. Höchste Zeit also, dass hier etwas geschieht…

Nun scheint endlich jemand bereit zu sein, diesen „militärischen Dreckshaufen“ (J. Lindhorst) aufzuräumen. Das bringt Sympathien und dessen ist sich der Investor bewusst. Er benutzt den Begriff Altlasten auch gern und wirbt damit, diese zu beseitigen und das Gelände zu dekontaminieren.

Lindhorst hat dabei mehrmals bei öffentlichen Äußerungen die Kosten für Erschließung und Infrastruktur zu den Kosten der Beräumung hinzugezählt, um auf den beeindruckenden Betrag von 25 Mio. Euro zu kommen. Bei der MOZ hatte er mit dieser PR-Strategie Erfolg, die am 12. Juli ’22 schrieb, er wolle „allein 25 Millionen in die Beseitigung von Altlasten investieren“. Auf einer Infoveranstaltung für die Einwohner Hohensaatens räumte er jedoch ein, dass für die Beräumung 5 Mio. Euro veranschlagt sind. Er habe den Wald angeblich lediglich für Jagd und Forstwirtschaft gekauft und zunächst kalkuliert, 1 Mio. Euro für „gesetzliche Beräumungen“ auszugeben. Erst nach dem Kauf habe er festgestellt, dass 5 Mio. Euro dafür notwendig seien. Daraufhin sei er auf die Idee mit der Solaranlage gekommen, um diese Ausgaben zu refinanzieren.

Diese Erzählung1 ist offensichtlich eine Irreführung der Öffentlichkeit: Der erste Teilkauf von den zwei Vorbesitzern fand im November 2018 statt. Lindhorst hat dann noch 2018 bei einer Behörde von den Photovoltaikplänen erzählt. Erst danach – im September 2020 – wurde der Kauf des zweiten Teils abgeschlossen. Das belegt, dass Lindhorst schon vor dem Kaufabschluss wusste, dass er noch etwas anderes vorhat als nur Jagd und Forstwirtschaft.

Dem Verkäufer des zweiten Teils war – sogar schriftlich – versichert worden, der Käufer wolle den Wald „ausschließlich forstwirtschaftlich nutzen und dort der Jagd nachgehen.“ Wie der Verkäufer in einem Schreiben an die Stadtverordneten und den Bürgermeister von Bad Freienwalde mitteilte, hätte er seinen Anteil nicht verkauft, wenn er über die Rodungsabsichten informiert gewesen wäre. Er hat den Wald selbst 15 Jahre lang für Jagd und Forstwirtschaft genutzt und bezeugt, dass für diese Nutzung keinerlei gesetzliche Verpflichtung zur Beräumung angeblicher Altlasten bestand. Das weiß auch Lindhorst, denn diese Nutzung betreibt er dort schon längst selbst, ganz ohne Beräumung. Und zwar sehr intensiv: es wurde beobachtet, dass zeitweilig drei Holztransporter täglich das Gelände verlassen!

Eine Bodenkontamination durch ausgetretenes Mineralöl/Diesel wurde in den 90er Jahren aufwändig saniert. Ein angelegter Havariegraben soll etwaiges Öl auffangen und verhindern, dass es in die Alte Oder fließt. Die Messungen belegen, dass es keine Überschreitung von Grenzwerten gibt. Die Sanierung war offensichtlich erfolgreich.

Sanierung der Öl-Havariefläche: Baggerarbeiten zur Entfernung des kontaminierten Materials am Oderhang
Sanierung der Öl-Havariefläche: Baggerarbeiten zur Entfernung des kontaminierten Materials am Oderhang

Nach der Sanierung schrieb das von der Bundeswehr mit der Sanierung beauftragte Amt für Wehrgeophysik (21.10.1996):
„Die skizzierten Ergebnisse erlauben die Schlussfolgerung, dass von den mit der Rüstungsproduktion im Gebiet Hohensaaten – Oderberg verbundenen Altlasten keine akuten Gefährdungen ausgehen.“

Diese Gefährdungseinschätzung ist offenbar auch dem Investor bekannt, der auf seiner Website schreibt:
„Seit dem Eigentumsübergang Boden/Grundwasser wird der Zustand periodisch erfasst und dokumentiert. Seither wurde festgestellt, dass keine akuten Umweltgefahren etwa durch einen Anstieg von Schadstoffkonzentrationen bestehen. Allerdings sind die Beobachtungen langfristig erforderlich, um Veränderungen schnell und zuverlässig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. (…)
Eine akute flächendeckende Gefahr durch Altlasten im Boden ist aufgrund der 30 Jahre nach Nutzungsaufgabe und durch die Sanierungen im Bereich des Havariegrabens sowie des regelmäßigen Monitorings auszuschließen. Bereiche der ehemaligen Handhabung (Lagerung und Umschlag) sind jedoch langfristig auf Veränderungen hin zu monitoren.“

Die Lindhorst-Gruppe erklärt weiter zu den Altlasten: „Volle Tankbehälter gibt es nicht mehr. Unterirdische Zisternen wurden vollständig gereinigt von Mineralöl, allesamt sind nicht mehr in Funktion (inaktiv!) und werden schon lange nicht mehr als Lageranlagen benutzt.“ (MOZ, 12.7.22)

Lindhorst’s Behauptung, dass er per Gesetz dazu verpflichtet sei, Altlasten zu beräumen, widerspricht auf Nachfrage das Umweltamt MOL. So eine Verpflichtung gebe es jedenfalls von Seiten des Umweltamts nicht und die Bunker und Ruinen seien keine Altlasten im Sinne des Gesetzes. Die Notwendigkeit für ein Sanierungskonzept in Bezug auf mögliche Altlasten im Boden ergibt sich laut Umweltamt lediglich aus der von Lindhorst beabsichtigten Nutzungsänderung.

Lindhorst täuscht also auch in diesem Punkt wieder die Bevölkerung: Er behauptet, eine PV-Anlage bauen zu wollen, um die Kosten für die „gesetzliche Beräumung“ zu refinanzieren, aber in Wirklichkeit entstehen diese Kosten überhaupt erst dadurch, dass er die PV-Anlage bauen will. Würde er die Fläche weiter nur für Jagd und Forstwirtschaft nutzen, so wie er es dem Vorbesitzer versprochen hatte, dann würden ihm keinerlei Kosten für eine gesetzliche Beräumung entstehen.

In Bezug auf Munition gibt es lediglich Gerüchte. Funde sind nicht belegbar. Richtig ist, dass der Wald als Kampfmittelverdachtsfläche eingestuft ist. Laut Aussage vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Brandenburg erfolgt diese Einstufung jedoch nicht, weil man Munition vermutet, sondern es reicht aus, dass ein Verdacht nicht ausgeschlossen werden kann! Daher gelten immer noch über 10% von ganz Brandenburg als Kampfmittelverdachtsfläche. Auch die Sperrung der Fläche hat nichts mit Munition zu tun. Dass schwere Harvester (Holzerntemaschinen) kreuz und quer durch den Wald fahren, zeigt, dass auch Lindhorst nicht sonderlich besorgt ist. Die geplante Kampfmittelsuche ist schlichtweg eine rechtliche Voraussetzung für seine baulichen Vorhaben.

Dass auf Teilen der Liegenschaft die Forstwirtschaft mit Harvestern schwierig ist, steht außer Frage. Aber nicht wegen Kampfmitteln. Auch in der Vergangenheit wurde der Wald – ohne Harvester – forstwirtschaftlich nachweislich rentabel genutzt (und zwar ohne die dauerhaften Bodenschäden, die diese bis zu 60 t schweren Maschinen verursachen) 3. Selbst im alpinen Raum wird Forstwirtschaft betrieben; dort hat man ähnliche Einschränkungen durch natürliche Felsformationen wie hier im Hohensaatener Wald durch gesprengte Bunker.

Es steht außer Frage, dass eine Verkehrssicherung erfolgen muss, um den Wald für die Allgemeinheit zu öffnen. Man kann aber die offenen Schächte einfach abdecken und Ruinen mit Gefahrenpotential gezielt absperren. Die Umsetzung der Verkehrssicherungspflicht auf derartigem Gelände ist machbar ohne Beräumung des Waldes und ohne eine Komplettsperrung. Verschiedenste Maßnahmen bei einem ähnlichen Fall werden sehr ausführlich in der Broschüre Zum Umgang mit den Westwallanlagen erklärt.

Weitere Informationen zum „Grünen Wall im Westen“ und interessante Parallelen zum Hohensaatener Wald haben wir hier zusammengestellt.

Fazit: Der Wald braucht keine Altlastensanierung. Die braucht lediglich Lindhorst, um den Wald effizient zu Geld machen zu können. Auch auf den Bunkerruinen wachsen Bäume, hat sich Natur entwickelt und der Wald leistet dort vollumfänglich all seine wertvollen Ökosystemleistungen, wie CO2-Speicherung und Beherbergung vieler Arten.

Bunkerruine im Hohensaatener Wald: Auch hier wachsen Bäume!

Den Wald stört der Beton nicht. Siehe hierzu auch unseren Faktencheck Der versiegelte Wald.


1 Er hat als Begründung auch noch eine andere Version verbreitet: Nach dem Kauf „kam diese Sache mit den erneuerbaren Energien, (..) unsere Regierung sagt, wir müssen das so machen und wir müssen eine Energiewende machen. Ja und wenn wir das so machen sollen, dann müssen wir doch irgendwas tun.“ (Infoveranstaltung am 12.07.2022)

2 Infoveranstaltung, 12.7.22, Hohenwutzen

3 https://www.waldwissen.net/de/technik-und-planung/forsttechnik-und-holzernte/bodenschutz/bodenverdichtung-ertragseinbussen